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From C64 Diskmag Wiki
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX XXXX LESERHISTORY XXXX XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX von ANDREAS MILLINGER
Meine C64-Geschichte fing, wenigstens bin ich mir da zu 90% sicher, 1986 an. Damals muß ich 11 gewesen sein und mein ältester Bruder 21. Eines Tages stellte er in seinem Zimmer einen grauen Kasten mit Tastatur auf, wie ich gleich erfuhr, einen "Commodore 64". Dazu eine Dataset- te, als Monitor mußte jahrelang ein al- ter Schwarzweiß-Fernseher reichen. Über diesen Fernseher konnten wir eine Zeit lang auch das Telefon-/Funksystem irgendeines Hotels in der Nähe mithören, aber das nur so nebenbei...
Was sollte man nun also mit dem Kasten anfangen, der von sich aus so gar nichts konnte? Ich hatte in der Schule ein Heftchen bekommen, in dem tatsächlich ein kleiner BASIC-Kurs enthalten war. Versuche, die kleinen Beispielprogramme zum Laufen zu bringen, waren nicht von Erfolg gekrönt - daß es verschiedene BASIC-Dialekte gibt, hatte man mir ver- schwiegen... In der nächsten Zeit wurden verschieden- ste Computerhefte gekauft und auch mal ein Buch mit BASIC-Listings. Alles, was halbwegs interessant klang, wurde abge-
tippt - oft in Teamarbeit: Einer las die Befehle oder die hexadezimalen Codes vor, der andere tippte. Wenn mal etwas lief, wurde es auf Kassette gespeichert. Ab und zu wurde auch mal ein Original- spiel angeschafft, das war immer etwas ganz Besonderes. Last Ninja 2 zum Beispiel habe ich zu Weihnachten bekommen, auch wenn meine Eltern dem "Computerzeugs" nicht viel abgewinnen konnten (und daran hat sich auch nicht viel geändert) - das Spiel hatte mich sehr lange beschäftigt, bis ich es dann auf ehrliche Weise komplett durchgespielt hatte.
Überhaupt, die Zeitschriften - die ASM war bald mein Lieblingsheft, auch 64'er, Happy Computer und Power Play waren gern gelesen. Input 64, Magic Disk 64 und Game On lan- deten auch oft in der Datasette bzw. Floppy (wenn das Geld dafür da war). Eine Anekdote fällt mir noch ein - ich brauchte noch für meinen Bruder ein Spiel, besser noch eine Spielesammlung, zu Weihnachten und schrieb an "Elite", eine Firma in Großbritannien, deren Ad- resse ich in einer Anzeige gelesen hat- te. Das waren die, die etwa "Bomb Jack",
"Commando", "1942" usw. herausgebracht hatten. Ja, richtig, ich habe direkt an die geschrieben, nicht etwa an den Ver- trieb oder einen Händler... und zwar mit beigelegtem Bargeld. Tatsächlich kam kurz vor Weihnachten ein Päckchen aus England mit den bestellten Spielen. Und später kam dann noch ein Brief, in dem ich freundlich gebeten wurde, das restliche Geld zu schicken. Ich hatte nämlich zuwenig beigelegt, die Spielesammlung aber trotzdem bekommen, weil es knapp vor Weihnachten war. Das war noch Kundenservice!
Aber ich fand schnell heraus, daß es die Listings meist nicht mit aktuellen kom- merziellen Spielen aufnehmen konnten, und ein Original alle paar Monate war mir nicht genug. Und wenn ich auch stolz sagen kann, daß ich wahrscheinlich mehr mühsam zusammengespartes Taschengeld für Originale ausgegeben habe als alle meine Freunde zusammen, waren doch die bösen Raubkopien allzu verlockend. Und so wurde auf dem Schulhof getauscht (einige Kollegen hatten auch einen C64 oder 128, nicht zuletzt wegen meiner "Vorbildwirkung"), aber auch mal per Post "Stuff" bestellt. So kam zwar eine
große Spielesammlung zusammen, so rich- tig Spaß haben die meisten neuen Sachen aber nicht gemacht. Auch mußte ich immer neidisch die Spiele auf dem Amiga eines Kollegen betrachten. Diese Grafik! Dieser Sound! Immer mehr Spiele kamen auch gar nicht mehr auf dem Brotkasten raus. Als der eines Tages kaputtging, haben sich weder ich noch mein Bruder um einen Ersatz bemüht. Die Disketten wurden irgendwann verschenkt, was mir bis heute leid tut, weil unter anderem alle Paint-Magic-"Meisterwerke" (4 Farben!) nun für immer verloren sind.
Es wird manchem aufgefallen sein, daß ich hier fast nur über Spiele schreibe - ja, ich gebe es zu, ich war ein Spiel- kind, habe aber immerhin mit einem Zei- chenprogramm und diversen Tools aus der Input 64 herumgespielt. Wenn auf der Magic Disk oder der Game On einmal ein Demo oder ein Szene-Mag drauf war, wurde das auch staunend bewundert (die Musik des Demos "Rock This" von C64CG ist heute noch einer meiner lieb- sten SID-Tracks). Zum Selberprogrammie- ren - außer traurigen Versuchen in BASIC - hat es nicht gereicht.
Es kam dann irgendwann ein MS-DOS-PC ins Haus, später ein weiterer. So ganz hatte mich der C64 doch nicht losgelassen, es hingen viele schöne Erinnerungen dran. Irgendwie bin ich dann auf den Emulator "C64S" von Miha Peternel gestoßen und habe mir die registrierte Version be- stellt. Langsam kam auch das Internet auf, ein Kollege hatte sogar schon einen ISDN-Anschluß, was mir damals wie (su- perschnelle) Science-Fiction-Technologie vorkam. Bei unseren ersten Streifzügen durchs Netz habe ich ihn dann dazu ge- drängt, C64-Software runterzuladen, und das meiste lief sogar mit dem Emulator.
Die Brotkasten- (Normal und Gold) und 64'er-CDs wurden auch bestellt. Ich konnte mich endlich wieder mit den Sa- chen beschäftigen, an die ich mich noch dunkel erinnern konnte und auch mit dem, was ich damals verpaßt hatte. Und heute ist die Geschichte noch lange nicht aus! Neben meinem Laptop steht noch ein funktionierender C64 mit einem 1084er Monitor, ein C128D steht auch bereit. Demos und Diskmags interessieren mich mittlerweile mehr als Games, obwohl es da einige Klassiker gibt, die ich heute noch sehr gerne zocke.
ein Chameleon oder eine 1541U werden si- cher auch noch angeschafft. Und engagierte, talentierte Leute produ- zieren immer noch Neues für den guten alten Brotkasten - und das ist das Wichtigste! _