DT 86 32
From C64 Diskmag Wiki
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX XXXX LESERHISTORY XXXX XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX von BUGJAM
Eine kurze Geschichte von mir und der Scene von Hartmut "Bugjam" Pachl ________________________________________ Scene-Geschichten zu schreiben ist so eine Sache: es soll nicht langweilig werden und doch alle Details beinhalten, die dazugehören; es soll persönlich sein, aber nicht nur Insider-Witze er- zählen, mit denen die meisten (vor allem die Jungen und Neuen, die es ja zum großen Glück auch im Jahr 2008 tatsäch- lich noch gibt) nicht wirklich viel an- fangen können; man will damit unterhal-
ten, aber auch eine Entwicklung be- schreiben, die ja einen nicht unwesent- lichen Anteil am eigenen Leben hatte. Kurz, das ist alles garnicht so einfach. Vor allen Dingen ist es aber eine Ehre, wenn man so etwas für seine Mitscener schreiben und veröffentlichen darf, und wenn es dann auch noch von dem einen oder anderen gelesen wird, umso besser. Dies ist mein erster Versuch, also ver- zeiht mir bitte, wenn ich euch langwei- len sollte... Am Anfang steht, wie bei allen Scene-Ge- schichten, der erste Computer. Dazu ge- hört, daß damals in den 80ern in meiner
Schule (einem humanistischen Gymnasium) noch nicht allzu viel von Informatik zu sehen war; es gab zwar einen Computer- raum (in dem zunächst selbstverständlich auch C64-Computer standen; bei der Neu- einrichtung schaffte man dann Siemens- PCs an), aber nur wenige Lehrer haben sich mit dem Thema beschäftigt, und von einem allgemeinen Pflichtfach "Informa- tik" war man noch sehr weit entfernt. Für uns Schüler waren Computer natürlich trotzdem ein großes Thema. Die neuen Siemens-PCs waren, ohne daß ich viel da- von gesehen hätte, sehr verlockend, vor allem deswegen, weil sie Deutsch ver-
standen (ja, das war damals noch ein Ar- gument, wenn man gerade erst angefangen hatte, Englisch zu lernen...). Zu meinem großen Glück jedoch ging mein Vater zwar (mit relativ wenig Widerwillen, wenn ich mich recht entsinne) ziemlich schnell auf meinen Wunsch nach einem Computer ein, aber entschied sich für eine Ma- schine, die einerseits den schon sehr weit verbreiteten C64 eingebaut hatte (im Grunde kannte ich niemanden mit ei- nem anderen Homecomputer), andererseits aber durch verbesserte Leistungsmerkmale mehr Möglichkeiten für professionelles Arbeiten bot: die Rede ist selbstver- ständlich vom Commodore C128.
Bestellt bei Quelle, war damals die Nachfrage so groß, daß eine rechtzeitige Lieferung zu Weihnachten 1988 nicht mög- lich war; also fand ich unter dem Weih- nachtsbaum ein von meinem Vater handge- maltes Zertifikat für die baldige Liefe- rung meines neuen "Freundes". Wenige Wochen später wurde dann endlich der - übrigens heute noch existente - C128 D (Plastik) geliefert, während der Monitor noch auf sich warten ließ; die- ser, ein 1084, sollte wegen seinem auf die Klappe gedruckten AMIGA-Schriftzug in Verbindung mit dem relativ unbekann- ten C128 D in Zukunft immer mal wieder
kurz für Verwirrung sorgen: "Wie, Du hast einen Amiga?!" :-) Auf jeden Fall wurde der Computer erst- mal an den Fernseher gehängt. Wow! Das war schon was. Natürlich sollte ich ihn nicht als Spielzeug benutzen, weswegen bewußt keine Joysticks gekauft worden waren; ebenso natürlich hatte ich einen Tag später eine Disk mit Games in der Schule bekommen, die ich sofort auspro- bieren mußte. Und dann sah ich zum ersten Mal das In- tro von GSC (German Cracking Service), mit Deutschlandfahne und allem... Und
das beste: man konnte "Eagle Empire" auch mit der Tastatur spielen! Jaaa!!! Die Highscores wurden mangels eingebau- ter Save-Funktion auf einem Blatt Papier notiert, und es war ein wahrhaft erhe- bendes Gefühl, als zum ersten Mal das Mutterschiff nach ausdauernd schwerem Beschuß in tausend Teile zerbarst. Naja, wie man sich leicht denken kann, kam irgendwann doch ein Joystick ins Haus (später sogar ein zweiter!), und ich erwarb ehrfurchtsvoll mein erstes Paket Leerdisketten (BASF natürlich, deutsche Qualität!) :-)
Ich gewöhnte mich an die Bedienung von Kopierprogrammen (Copy Q von The User's Arsenal für ganze Diskseiten und Turbo- copy zum Files kopieren) und hatte einen Heidenspaß mit dem Ausprobieren neuer Spiele. Im Gegensatz zu vielen Scene-Ge- schichten, bei denen an dieser Stelle kommt, daß irgendwelche Leute an der Schule hobbymäßig gecrackt haben und ihre eigene kleine Gruppe hatten, gab es so etwas an unserer Schule (seltsamer- weise?) nicht. Hingegen gab es einige Leute, die ein bißchen programmiert haben, und das war schon eine spannende Sache. Leider er-
schien das für mich immer irgendwie un- erreichbar (von ganz primitiven Versu- chen einmal abgesehen), möglicherweise, weil mich das Mathematische abgeschreckt hat. Andererseits faszinierte mich schon immer das Grafische. Bei einem Freund sah ich damals die 64er Ausgabe 5/87 mit all den genialen Bildern aus dem Grafik- wettbewerb; das Heft habe ich mir mehr als einmal angeschaut... Die erste Software, die ich mir je be- stellt habe, war die 64er-Programmser- vicediskette mit "Mono Magic", einem heute eher unbekannten HiRes-Malprogramm mit einigen recht abgefahrenen Funktio-
nen. Meine ersten Versuche waren also in Schwarzweiß, und ich erstellte Bilder als Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke für meine Eltern, die ich bei einem Freund ausdruckte (ich selbst legte mir erst Jahre später einen Drucker zu). Schließlich entdeckte ich irgendwann den Koala-Painter, und damit die Farbigkeit, die mich zunächst stark verwirrte mit ihren Colourclashes, die ich erstmal überhaupt nicht verstand... Tja, und was ich da am Anfang so fabri- zierte, kann man in meiner ersten (und bisher einzigen) Grafikcollection namens
"Totally Bugged" bewundern - wahrlich nichts Großartiges, aber Teil meiner persönlichen Geschichte, und zu der ste- he ich auch. (Wer neugierig ist, gehe auf noname.c64.org/csdb und suche nach "Totally Bugged"). So habe ich also vor mich hingewerkelt. Es gab dann ein Rollenspiel-Projekt der eher lustigen Sorte, in das ich mit drei anderen Leuten (davon zwei aus meiner Klasse) involviert war und das (wie so viele ähnliche Projekte zur damaligen Zeit) nie sehr weit gekommen ist; ich habe mit einem Freund zusammen einen ganzen Haufen Grafiken dafür erstellt.
Mindestens einen Nachmittag pro Woche haben wir nach der Schule gemeinsam vor AmicaPaint verbracht, das wir uns ganz frisch mit dem 64er Sonderheft 55 geholt hatten (ein damals sensationelles Pro- gramm, das ich heute noch benutze). Eine großartige Zeit, wenn auch der Coder bald zum Amiga gewechselt hat (weswegen es kaum etwas an C64-Code von dem Spiel gibt). Wir hatten auch schon viele Texte ge- schrieben, Dungeons entworfen und so weiter; die Materialien existieren alle noch, wer weiß, was noch damit pas- siert...
Der Wechsel unseres Programmierers auf den Amiga war typisch für die Zeit An- fang der 90er Jahre. Die Konkurrenz war noch groß, und vor allem die wenigen PC- Besitzer traten zunehmend arrogant ge- genüber 8Bit-Usern auf; die Amiganer, meist mit einer eigenen C64-Geschichte, versuchten eher auf freundliche Weise, andere zum Wechsel auf "ihr" System zu bewegen. Bei mir jedoch löste die ganze Entwick- lung eher eine Abwehrreaktion aus: ich mochte meinen Computer schon immer und dachte nie daran, mir etwas anderes zu- zulegen, aber ich glaube, erst der Ge-
genwind machte mich (übrigens auch mei- nen Grafiker-Freund) zum richtig einge- fleischten Fan. Irgendwann, vielleicht 1991 oder '92, reifte dann auch eine schwerwiegende Entscheidung: wir kauften uns damals je- den Monat die Power Play und die ASM, und bekamen daher aus erster Hand den langsamen Zusammenbruch des kommerziel- len C64-Spielemarkts mit. Es kamen nur noch wenige Spiele auf den Markt - oft hastig gemachte Umsetzungen, speziell von Film- oder Automatenlizenzen, und kaum noch originäre C64-Entwicklungen; teilweise wurden Umsetzungen in den
großen Magazinen auch nicht mehr erwähnt oder zumindest nicht mehr getestet, und die Tests erschienen auch mehr und mehr ungerecht gegenüber dem C64, da die Te- ster von der aktuellen Computer- und Konsolenhardware verwöhnt waren. Auf jeden Fall reifte in dieser Zeit die Erkenntnis (wiederum bei mir und meinem Kumpel gemeinsam), daß der kommerzielle Markt am Untergehen sei und unterstützt werden müsse. Also löschten wir die mei- sten unserer Raubkopien (!) und legten uns stattdessen gelegentlich Originale zu. Das erwies sich allerdings als gar- nicht so einfach. In Kaufhäusern war nur
noch wenig gescheite Software zu finden; seltsamerweise beinhaltete das Angebot meist Puzzle- oder Actionspiele, während Adventures oder Rollenspiele kaum er- hältlich waren. Viele Klassiker, die man sich liebend gerne neu zugelegt hätte, waren nur noch in den privaten Kleinan- zeigen zu finden. Zum Glück gab es noch eine ganze Reihe Mailorder (oder, wie man damals noch sagte, "Versandhäuser"), die z.T. auch Neuauflagen guter Spiele im Angebot hat- ten (wie z.B. die Rollenspiele von Elec- tronic Arts in den Jewelcases). So fan- den also einige Schätze den Weg in unse-
re Regale, aber leider war der "große" Markt natürlich nicht mehr zu retten. Zum Glück gab es noch eine andere Ni- sche, die wir mit Begeisterung nutzten und die auch länger überlebte: der Pub- lic Domain-Versand. Unsere Hauptquelle war damals Digital Marketing, auch wenn die mit 5 DM pro Disk eigentlich zu teu- er waren; aber immerhin war der Katalog sehr ausführlich und umfangreich. Für uns als Grafiker waren besonders die ganzen Disketten voller Koala-Bilder in- teressant; aber auch Demos, die ich vor- her nur als Lückenfüller auf Spieledisks
kannte, wurden bestellt, weil ich die ja schon irgendwie interessant fand. Der Wendepunkt kam dann, als ich mir ei- nes Tages entgegen der üblichen Gepflo- genheit nicht nur Disks voller Onefiler, sondern auch ein sogenanntes "Megademo" bestellte, das über 2 ganze Disketten- seiten ging - und zwar "Road of Excess" von der Gruppe Triangle. Was für eine Offenbarung! Sensationelle Effekte, grandiose Musiken, ein richti- ger Loader-Part mit Rastern, Scroller und Musik, und etwas für mich ganz Neu- es: Design!
Das war der Moment, an dem ich Feuer fing für dieses ganze Demoscene-Ding. Zunächst wollte ich irgendwie Kontakt mit Triangle herstellen und erstellte schon mal mein allererstes Logo für die Gruppe (wird eventuell eines Tages in einer weiteren Grafikcollection relea- sed); das wurde natürlich nix (allein schon deswegen, weil Triangle zu dieser Zeit, so etwa 1993, nicht mehr wirklich aktiv war), aber mein Traum blieb. Irgendwann entdeckte ich dann am Kiosk den Computer Flohmarkt (CF), ein monat- liches Heft mit kostenlosen Kleinanzei-
gen, aber nicht nur für Kauf und Ver- kauf, sondern auch zur Kommunikation - und das für sämtliche Computersysteme. Ich verfolgte interessiert die Diskus- sionen und staunte, wieviele Leute sich da so - unter teilweise richtig wilden Pseudonymen! - in den Commodore-Rubriken tummelten. Ich mischte selbst eine Zeit- lang unter dem Nick "Fritzl Fliege" mit, bis eines Tages eine Anzeige erschien, die mein Leben verändern sollte. Die Gruppe "Cream" suchte noch Mitglieder, und Interessierte sollten einen gewissen "Syntax" (kennt den Chaoten noch je- mand?) kontaktieren. Tja, das tat ich,
und ich schaffte es tatsächlich, dort Mitglied zu werden. Ich änderte mein Handle in "Bugjam" (nach einem engli- schen VW-Käfer-Treffen), was im Laufe der Jahre zu meiner geliebten Zweit- Identität wurde. Dann kam recht bald ein anderes ein- schneidendes Erlebnis: meine erste Com- puterparty. Zu dieser Zeit wurde von ei- nigen engagierten Lesern/Schreibern des CF ein neues Diskettenmagazin namens "Digital Talk" aus der Taufe gehoben - ja, so lange ist das schon her! Das sollte bald darauf auf einem eigenen CF/ DT-Treffen gefeiert werden, das schließ-
lich 1995 in einer Jugendherberge in Limburg an der Lahn stattfand. Vorher hatte ich zwar schon in Scrollern von den berühmt-berüchtigten Venlo-Meetings gelesen, aber das war natürlich eine ganz andere Welt, die auch damals schon der Vergangenheit angehörte. Und jetzt sollte es ein Treffen geben, nur C64- Freaks, im Jahre 1995! Ich machte mich mit Schlafsack, Isomatte und kompletter Rechneranlage inklusive Monitor (!) per Eisenbahn (!!!) auf den zum Glück nicht sehr weiten Weg nach Limburg. Es war natürlich genial! Man traf all die Leute, von denen man nur
die Namen aus den "Anzis" (= Kleinanzei- gen) kannte, hatte viel Spaß, und ich kopierte mir massig Demos (auch um end- lich eine anständige Grundlage zum Swap- pen zu haben). Selbstverständlich sollte das nicht mei- ne letzte Party bleiben. 1996 besuchte ich zum ersten Mal die Symposium (damals noch eigenständig), was nochmal deutlich krasser war, allein durch die schiere Menge an Freaks aller Coleur. Bis 2005 war das übrigens jedes Jahr meine einzi- ge Osterbeschäftigung! :-) Bis heute liebe ich den Besuch auf großen und kleinen Parties, und falls irgendjemand,
der das hier liest, noch nie auf einer war: ringt euch durch und besucht mal eine, auch wenn es vielleicht mit etwas Aufwand verbunden ist - der Spaß ist es auf jeden Fall wert! Aber nun zurück zu meiner Scene-"Karrie- re". Cream war, wie vielen Neugründungen der "neuen Scene" Mitte der 90er Jahre, kein allzu langes oder erfolgreiches Le- ben beschieden, aber allein ein "-CREAM" hinter das Handle hängen zu können, war ein, man verzeihe meine Ausdrucksweise, geiles Gefühl. Ich produzierte ein paar Logos und fing an mit Snailmail-Swapping im kleinen Rahmen. Über einen meiner er-
sten Kontakte (Brizz) trat ich irgend- wann "Psychic" als zweiter Gruppe bei. Als perfektionistischer Demo-Sammler war ich auch einige Jahre Mitglied bei The Stock. Ich versuchte mich ein bißchen an Paper Art, was eine sehr interessante und leider fast vergessene Kunst ist; vor allem Votesheets haben durch das In- ternet ganz einfach ihre Existenzberech- tigung verloren. Im Jahre 1996 releaste Cream dann meine erste und bisher einzige Grafikcollec- tion "Totally Bugged" (inklusive Diskco- ver) mit all meinen alten Fullscreen-
Bildern, nur um sich kurze Zeit später aufzulösen. Psychic überlebte lediglich ein paar Monate länger; ich war aller- dings über persönliche Party-Kontakte zu dem Groupleader Commander zwischenzeit- lich ROLE als zweiter Gruppe beigetre- ten, sodaß ich auch nach Psychic's Un- tergang nie gruppenlos war. In ROLE (Raiders Of the Lost Empire) war ich dann mehrere Jahre; die Gruppe war immer schon extrem groß von der Anzahl der Member her, und Commander schaffte es, immer für eine nette Stimmung zu sorgen - bezüglich Releases passierte aber nicht wirklich viel.
Dadurch, daß das nun schon meine dritte Gruppe war, für die ich Logos produzier- te, die - zumindest zum großen Teil - nie verwendet wurden, war ich etwas un- zufrieden. Deshalb zögerte ich nicht sehr lange, als mir Ninja, den ich schon von vielen Parties kannte, eines Tages anbot, The Dreams zu joinen, und nicht viel später verließ ich dann auch ROLE. Mit den Dreams hatte ich endlich meine wahre Heimat in der Scene gefunden! :-) Hier werde ich hoffentlich auch irgend- wann einmal meine zweite Grafikcollec- tion rausbringen, mit all den unveröf-
fentlichten Logos, den Party-Compo-Pics und auch den ganz ganz frühen HiRes- Machwerken. Falls übrigens jemand noch eine unrelea- ste Musik in der Schublade hat oder gar extra eine für die Collection machen wollen würde - immer her damit! :-) So, falls jetzt überhaupt noch irgendje- mand lesen sollte, dann möchte ich mich ganz herzlich dafür bedanken und hoffe, Du hattest zumindest halbwegs eine gute Zeit. Wenn mir jemand persönlich Feed- back geben möchte, an Originalspiele- oder Zeitschriften-Tausch interessiert
ist oder einfach nur mal schnacken will, dann ist er/sie herzlich eingeladen, mir ein paar Zeilen an bugjamüthe-dreams.de zu schreiben. Ansonsten schaut auf www.the-dreams.de vorbei, oder natürlich auf der csdb. Würde mich freuen! _