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G R A N D P R I X C I R C U I T G R A N D P R I X C I R C U I T G R A N D P R I X C I R C U I T G R A N D P R I X C I R C U I T REVIEW VON SPIDER
GRAND PRIX CIRCUIT Sommer 1990: Es ist enorm heiß draußen, meine Freunde sind alle zum Baden gefah- ren. Nur ich nicht. Ich sitze gebannt in meinem Zimmer vor meinem C64, um den neuesten Crack vom Schulhof zu testen: GRAND PRIX CIRCUIT. Ich bin voller Er- wartung, denn grafisch und spielerisch soll es angeblich ein Meilenstein sein! Nach einem kleinen Cracker-Intro werde ich nach der PAL/NTSC-Version gefragt, dann geht es los in den Ladebildschirm. Au Backe! Das Diskettenlaufwerk rattert aber ganz schön - das hört sich wahrlich nicht gut an! Der Ladebalken bewegt sich
aus meiner Sicht im Schneckentempo, kurz vor dem Ziel hagelt es schließlich ein wildes RATATATATA!! Das Laufwerk steht still, der Bildschirm ebenfalls. Mist! Das Spiel hat sich aufgehängt... Ich bin maßlos entäuscht. Frustriert werfe ich die Disk zurück in die Box. Dabei fällt mir auf, dass sie am linken unteren Eck einen Knick hat, anscheinend zugezogen in meiner Schultasche (es lebe der so "stabile" Rucksack!). Und dieser Knick in der Disk, so scheint mir nun klar zu sein, ist schuld, dass das Spiel nicht mehr richtig gelesen werden kann... Das war's dann wohl, seufz... Moment mal! Und wenn ich die Diskette mit einem
"Spezial"-Kopierprogramm neu kopiere? Vielleicht bringt das ja was? Ich mache als eine Kopie von meinem Crack und ver- suche, GRAND PRIX CIRCUIT auf eine neue, "gesunde" Disk zu transferieren. Dann wird es spannend: Ich lege die erstellte Kopie ins Laufwerk... Das Ladegeräusch hört sich gleich viel besser an, das Rattern hat spürbar nach- gelassen. Und als diesmal das finale Rattern ausbleibt und das Titelbild er- scheint möchte ich am liebsten einen Luftsprung machen. Yeah, yeah, yeah !!! Es hat funktioniert! Und nun heißt es: Joystick raus und anschnallen...
Das Titelbild mit dem Formel 1 - Boliden und der tollen Hintergrundmusik fesseln mich sofort. Mein lieber Mann, wenn die Grafik im Spiel auch so toll ist wie das Intro, das sind erfreuliche Aussichten! Schnell weiter und SPACE drücken! Beim Übergang ins Hauptmenü muss ich erstmals schmunzeln: Das kenne ich doch irgendwo- her! Da hat man aber kräftig bei einem eigenen Spiel abgekupfert, TEST DRIVE 2 lässt grüßen! Ich nehme es mit Humor, denn schließlich gibt es an dieser Menüführung ja nichts auszusetzen. Ich spiele ein wenig im Menü herum, stelle Schwierigkeitsgrad, meinen Fahrernamen ein und überlege, ob ich gleich ein
Rennen fahren oder erst einmal etwas üben soll. Ich beschließe, gleich ein Rennen zu fahren, denn Üben ist was für Memmen! Jetzt muss ich mir nur noch den passenden Flitzer dazu aussuchen: Einen Williams, Ferrari oder McLaren. Die Grafik bleibt unverändert bärenstark, der Sound rockt meine Ohren. Ich kann es kaum erwarten loszulegen. Welches Fahrzeug nun nehmen? Hm. Ich glaube ich nehme...RING,RING! Mist. Telefon. Gerade jetzt! Ich stehe auf und laufe zum Tele- fon. Es ist mein bester Freund Martin. Fragt mich, ob den meine Version von GRAND PRIX CIRCUIT laufe. Seine hätte sich beim Laden jedes Mal aufgehängt...
Als ich in mein Zimmer zurückkehre be- findet sich GRAND PRIX CIRCUIT im Demo- Modus. Hm. Anscheinend wechselt das Programm dorthin, wenn man zu lange im Menü nichts macht. Normalerweise nervt mich sowas total, aber diesmal bin ich total fasziniert: Der Demo-Modus eines Rennens, aus Cockpitsicht - WAHNSINN! Dagegen ist TEST DRIVE der reinste Müll! Ich breche den Demo-Modus ab, jetzt will ich endlich selber spielen....RATATATAA! NEINNNNNNNNNNNNN!!!! Das Laufwerk blinkt hektisch, stoppt. Das war's. VERDAMMTE SCHEI**E!!! Wieder aufgehängt!!! Ich starte einen dritten Anlauf, rede mir ein, dass nur "böse Schwingungen" dafür
verantwortlich seien und dass es nun auf jeden Fall klappen müsse. Positiv denken also. Komm, kleiner Ladebalken, noch ein bisschen. Noch ein kleines bisschen.... RATA! Das Menü erscheint, ich stelle nochmal alles so ein wie vor Martins Anruf, vergeude keine Zeit bei der Boli- denwahl und schicke meinen Flitzer ins Rennen. Wieder erscheint ein Ladebild- schirm. Diesmal eine Cockpitsicht mit schwarzem Hintergrund und eine Stoppuhr. Und dieser unsägliche Ladebalken. Komm, komm, noch ein bisschen, nur noch ein kleines Stückchen...RATA! Geschafft! Das Rennen beginnt...
Zunächst muss ich anscheinend ein Quali- fying überstehen, bevor das richtige Rennen losgeht. Hm, kein Problem. Bin schließlich ein Rennprofi. Und vor allem TEST DRIVE erprobt... Ich lege los wie die Feuerwehr. Mann, was für ein toller Motorensound! Cool, cool, cool! Voller Faszination über Sound und Grafik merke ich allerdings nicht, dass ich viel zu schnell unterwegs bin und rase in die Wiese. Ei, Ei, Ei. Wohl doch nicht so einfach. Zum Glück habe ich meinen Schwierigkeitsgrad auf ganz leicht ge- stellt, sonst müsste ich jetzt auch noch gangschalten und das wäre nicht wirklich ideal: Da ich immer wieder in die Wiese
abdrifte bin ich mehr damit beschäftigt, den Rennwagen auf der Strecke zu halten als "elegant" und effizient durch die Kurven zu düsen. Das Qalifying geht nur über eine Runde, dadurch dass ich aber gut dreimal aus der Bahn geflogen bin ist meine Zeit eher mäßig. Ich muss aus dem Mittelfeld starten. Egal. Fürs erste Mal ist das schon in Ordnung. Jetzt aber los, jetzt weiß ich wie's geht... Rot-Gelb-Grün! Go go go ! Wie der leib- haftige Teufel ziehe ich an meinen Kon- kurrenten vorbei, mache viele Plätze gut und bin mittendrin im Kampf um die Pole. Sehr praktisch dabei: Ein Rückspiegel,
der mir anzeigt, wie weit entfernt meine Verfolger hinter mir sind und eine Art Übersichtskarte im oberen Rand des Bild- schirms, der die Strecke aus der Vogel- perspektive zeigt. Der gelbe Punkt bin ich, die weißen die Computergegner. Es geht hart zur Sache, überhole, und werde selber überholt. Kurz bevor ich die Füh- rung übernehmen will verbremse ich mich und lande im Kiesbett. Verflixt! Ich versuche Anschluss zu halten, habe aber nicht viel Zeit, denn das Rennen geht nur über 3 Runden. Letztendlich gehe ich als dritter ins Ziel. Ich bin etwas sau- er auf mich selber, aber dieser Ärger hält nur wenige Sekunden, schließlich
war es das erste Rennen überhaupt. Das Programm wechselt wieder in den Lade- bildschirm. Da ich nur ein Einzelrennen gefahren bin erscheint nun eine Art End- sequenz mit Siegerehrung und Sektdusche. Ich bleibe dabei: Die Grafik ist der totale Hammer! Wow! Wow! Wow! Das macht irre Spaß! Ich beschließe, gleich weiter zu spielen, dieses Mal bin ich mutiger und starte gleich in die Saison. Beson- ders motivierend: Spielstände können ab- gespeichert werden, d.h. man kann dann jederzeit an einem anderen Tag weiter spielen. Das nenne ich doch endlich mal ein ausgereiftes Spiel. Wäre da nicht immer dieses schreckliche RATATATATA...
Was soll ich sagen? Und wieder sitze ich vor dem Bildschirm, vor einem schwarzen Bildschirm, vor einem blinkenden Lauf- werk. Es ist still im Haus, nur meine Wanduhr tickt vor sich hin. Tick tack, tick tack. Manno!!! Ein vierter Ladever- such endet bereits kurz nach der PAL/ NTSC-Auswahl, auch weitere Zig-Versuche enden spätestens im Hauptmenü. Jetzt bin ich endültig total genervt: Ich nehme die Disk und schmeiße sie aus dem Fens- ter. Ich bin stinksauer und wütend. Da ich meinen Crack ebenso wie Martin nur über Umwege bekam, habe ich kaum eine Hoffnung auf eine bessere Kopie. Woher nehmen? Und von meinen Kumpels besitzt
keiner eine Kopie. Und selber kaufen ist nicht möglich. 50 DM sind einfach zu viel für meinen Taschengeldbeutel (ich bekomme gerade mal 15 DM im Monat, so viel wie Martin). Ich rufe ihn also an und berichte: "Meins geht leider auch nicht. Schöner Reinfall. Komm, lass uns auch zum Baden fahren...!" Herbst 1990. Schüleraustausch mit dem Partnergymnasium in Budweis/Tschechien. Zwei Wochen weg von jeglicher "Zivili- sation", weg vom Computer. Denkste! Als wir in der zweiten Woche in einem Nebenraum der Schule Computer stehen sehen denken wir zunächst nur: Bah,
nur olle 286/386er. Aber als Martin ganz begeistert in einem Unterverzeichnis der Festplatte eine Datei namens GPC findet und startet und voller Freude schreit "Geil. GRAND PRIX CIRCUIT!" ist es um uns geschehen. Gut, nur mit Tastatur, ohne Sound und nur in S/W spielen zu können ist nicht gerade ein Genuss. Aber das ist uns SCHEI**EGAL! Wichtig ist uns nur: KEIN RATATATATATATATATATATATATA... Nach unserer Heimkehr nach Deutschland sollte es noch ein paar Monate dauern bis ich wieder eine Kopie von GRAND PRIX CIRCUIT in Händen halten sollte und die diesmal funktionierte. Wenn ich heute
GRAND PRIX CIRCUIT spiele muss ich immer wieder mit Schmunzeln an das RATATATATA denken und an dieses Erlebnis in Budweis mit den Steinzeit-PCs. Mann, was waren das doch damals für schöne Zeiten... ZUM SPIEL Die Rennstrecken sind die der Saison 1988. Natürlich etwas vereinfacht und teilweise verdreht (Speichermangel ?) und evtl. nicht sofort erkennbar. Das Spiel benennt die Rennstrecken auch nur nach ihren Ländern, nicht nach ihren Namen. So heißt es nur lapidar eben Brazil, Monaco, Canada, USA, England, Germany, Italy und Japan. Richtig wäre:
Brazil - Autodromo Int. Nelson Piquet (Rio de Janeiro) Monaco - Circuit de Monaco Canada - Circuit Gilles Villeneuve (Montreal) USA - Detroit Grand Prix Circuit England - Silverstone Circuit Germany - Hockenheimring Italy - Autodromo Nazionale Monza Japan - Suzuka International Racing Course Der Realitätsgrad ist am C64 enorm hoch. Wer gewinnen will, sollte schon etwas drauf haben. Das Auto ist, je nach Typ, nicht immer leicht zu steuern, bremsen
und Gas geben zur rechten Zeit sind sehr wichtig und realistisch umgesetzt. Wer "schläft" wird bestraft und landet im Kiesbett bzw. in der Wiese. Auch Rempler werden bestraft, ein Beschädigungsbalken über den Lenkrad zeigt an, wenn das Auto kurz davor steht reif für den "Antrag für die Verschrottungsprämie" zu sein. Wer also anfangs damit große Probleme hat, sollte am besten erst einmal ein Einzelrennen in Italien mit dem Ferrari oder Williams fahren. Die Fahrzeuge selber scheinen sich zunächst nur in der Max-Geschwindigkeit zu unterscheiden. Der Bolide von McLaren
ist zwar der schnellste (225 mph), hat aber eine relativ schwere Steuerung. Der Ferrari ist vom Speed her leider der langsamste (206 mph), ist aber total einfach und sicher zu fahren. Das Renn- auto von Williams ist von der Geschwin- digkeit zwischen McLaren und Ferrari an- zusiedeln, und ist auch sonst am ausge- glichesten. Man kann also sagen: Ferrari für Anfänger, Williams für Fortgeschrit- tene und McLaren für absolute Profis (je nachdem, welchen Schwierigkeitsgrad man selber wählt). So gesehen lässt GRAND PRIX CIRCUIT genügend Spielraum für alle Spielerarten, weil man genug Möglichkei- ten hat, die Schwere zu bestimmen.
SONSTIGES Die Authentizität zur realen Formel 1 - Welt ist durchaus gegeben. Natürlich fehlen die richtigen Fahrernamen (feh- lende Lizenz?), auch die Rennstrecken sind vereinfacht dargestellt. Detroit war aber 1989 nicht mehr Bestandteil der Saison, auch die Motorenangaben entsprechen nicht wirklich den realen Daten der Boliden der Saison von 1988. Aber der Spielspaß wird deswegen kein bisschen getrübt. Ganz im Gegenteil: Das Formel 1 - Feeling packt einem von Anfang an, die schönen Grafiken und Sounds sind richtig stark programmiert und abgerundet wird alles mit einer
benutzerfreundlichen Menüsteuerung, die das Speichern des Spielstands ermöglicht und die abwechslungsreichen Spielmodi (auf Zeit, Einzelrennen oder Saison). Dass man noch dazu selber entscheiden kann, wie gnadenlos schwer oder leicht der Computergegner sein soll, erhöht die Motivation enorm. So gesehen ist GRAND PRIC CIRCUIT in der Tat die beste Renn- simulation, die es je am C64 gegeben hat und jeder, der gerne Rennsimulationen am C64 spielt wird immer wieder bei diesem Spiel hängen bleiben. Besonders erfreu- lich: GRAND PRIX CIRCUIT am Amiga ist total schrecklich, kaum Spielbar. Miese Grafik, mieser Sound, mieses Gameplay.
Am PC ist es schon besser umgesetzt, das fesselt schon eher, obwohl die Steuerung mit Tastatur nicht das meine ist. Daher kann ich mich nur wiederholen: Es gibt einfach Spiele am C64, die sind einfach unschlagbar - und GRAND PRIX CIRCUIT gehört definitiv dazu. Und mal ehrlich: Warum am PC spielen, wenn man einen C64 sein eigen nennt...? Firma: Accolade Jahr: 1989 Spieler: 1 Genre: Formel 1 - Rennsimulation Quelle: www.c64games.de (Spider)