DT 87 51

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  G R A N D   P R I X   C I R C U I T
  G R A N D   P R I X   C I R C U I T

  G R A N D   P R I X   C I R C U I T
  G R A N D   P R I X   C I R C U I T



           REVIEW VON SPIDER



GRAND PRIX CIRCUIT

Sommer 1990: Es ist enorm heiß draußen,
meine Freunde sind alle zum Baden gefah-
ren. Nur ich nicht. Ich sitze gebannt
in meinem Zimmer vor meinem C64, um den
neuesten Crack vom Schulhof zu testen:
GRAND PRIX CIRCUIT. Ich bin voller Er-
wartung, denn grafisch und spielerisch
soll es angeblich ein Meilenstein sein!
Nach einem kleinen Cracker-Intro werde
ich nach der PAL/NTSC-Version gefragt,
dann geht es los in den Ladebildschirm.
Au Backe! Das Diskettenlaufwerk rattert
aber ganz schön - das hört sich wahrlich
nicht gut an! Der Ladebalken bewegt sich
aus meiner Sicht im Schneckentempo, kurz
vor dem Ziel hagelt es schließlich ein
wildes RATATATATA!!  Das Laufwerk steht
still, der Bildschirm ebenfalls. Mist!
Das Spiel hat sich aufgehängt... Ich bin
maßlos entäuscht. Frustriert werfe ich
die Disk zurück in die Box. Dabei fällt
mir auf, dass sie am linken unteren Eck
einen Knick hat, anscheinend zugezogen
in meiner Schultasche (es lebe der so
"stabile" Rucksack!). Und dieser Knick
in der Disk, so scheint mir nun klar zu
sein, ist schuld, dass das Spiel nicht
mehr richtig gelesen werden kann... Das
war's dann wohl, seufz... Moment mal!
Und wenn ich die Diskette mit einem
"Spezial"-Kopierprogramm neu kopiere?
Vielleicht bringt das ja was? Ich mache
als eine Kopie von meinem Crack und ver-
suche, GRAND PRIX CIRCUIT auf eine neue,
"gesunde" Disk zu transferieren. Dann
wird es spannend: Ich lege die erstellte
Kopie ins Laufwerk...

Das Ladegeräusch hört sich gleich viel
besser an, das Rattern hat spürbar nach-
gelassen. Und als diesmal das finale
Rattern ausbleibt und das Titelbild er-
scheint möchte ich am liebsten einen
Luftsprung machen. Yeah, yeah, yeah !!!
Es hat funktioniert! Und nun heißt es:
Joystick raus und anschnallen...
Das Titelbild mit dem Formel 1 - Boliden
und der tollen Hintergrundmusik fesseln
mich sofort. Mein lieber Mann, wenn die
Grafik im Spiel auch so toll ist wie das
Intro, das sind erfreuliche Aussichten!
Schnell weiter und SPACE drücken! Beim
Übergang ins Hauptmenü muss ich erstmals
schmunzeln: Das kenne ich doch irgendwo-
her! Da hat man aber kräftig bei einem
eigenen Spiel abgekupfert, TEST DRIVE 2
lässt grüßen! Ich nehme es mit Humor,
denn schließlich gibt es an dieser
Menüführung ja nichts auszusetzen. Ich
spiele ein wenig im Menü herum, stelle
Schwierigkeitsgrad, meinen Fahrernamen
ein und überlege, ob ich gleich ein
Rennen fahren oder erst einmal etwas
üben soll. Ich beschließe, gleich ein
Rennen zu fahren, denn Üben ist was für
Memmen! Jetzt muss ich mir nur noch den
passenden Flitzer dazu aussuchen: Einen
Williams, Ferrari oder McLaren. Die
Grafik bleibt unverändert bärenstark,
der Sound rockt meine Ohren. Ich kann
es kaum erwarten loszulegen. Welches
Fahrzeug nun nehmen? Hm. Ich glaube ich
nehme...RING,RING! Mist. Telefon. Gerade
jetzt! Ich stehe auf und laufe zum Tele-
fon. Es ist mein bester Freund Martin.
Fragt mich, ob den meine Version von
GRAND PRIX CIRCUIT laufe. Seine hätte
sich beim Laden jedes Mal aufgehängt...
Als ich in mein Zimmer zurückkehre be-
findet sich GRAND PRIX CIRCUIT im Demo-
Modus. Hm. Anscheinend wechselt das
Programm dorthin, wenn man zu lange im
Menü nichts macht. Normalerweise nervt
mich sowas total, aber diesmal bin ich
total fasziniert: Der Demo-Modus eines
Rennens, aus Cockpitsicht - WAHNSINN!
Dagegen ist TEST DRIVE der reinste Müll!
Ich breche den Demo-Modus ab, jetzt will
ich endlich selber spielen....RATATATAA!
NEINNNNNNNNNNNNN!!!! Das Laufwerk blinkt
hektisch, stoppt. Das war's. VERDAMMTE
SCHEI**E!!! Wieder aufgehängt!!! Ich
starte einen dritten Anlauf, rede mir
ein, dass nur "böse Schwingungen" dafür
verantwortlich seien und dass es nun auf
jeden Fall klappen müsse. Positiv denken
also. Komm, kleiner Ladebalken, noch ein
bisschen. Noch ein kleines bisschen....

RATA! Das Menü erscheint, ich stelle
nochmal alles so ein wie vor Martins
Anruf, vergeude keine Zeit bei der Boli-
denwahl und schicke meinen Flitzer ins
Rennen. Wieder erscheint ein Ladebild-
schirm. Diesmal eine Cockpitsicht mit
schwarzem Hintergrund und eine Stoppuhr.
Und dieser unsägliche Ladebalken. Komm,
komm, noch ein bisschen, nur noch ein
kleines Stückchen...RATA! Geschafft!
Das Rennen beginnt...
Zunächst muss ich anscheinend ein Quali-
fying überstehen, bevor das richtige
Rennen losgeht. Hm, kein Problem. Bin
schließlich ein Rennprofi. Und vor allem
TEST DRIVE erprobt... Ich lege los wie
die Feuerwehr. Mann, was für ein toller
Motorensound! Cool, cool, cool! Voller
Faszination über Sound und Grafik merke
ich allerdings nicht, dass ich viel zu
schnell unterwegs bin und rase in die
Wiese. Ei, Ei, Ei. Wohl doch nicht so
einfach. Zum Glück habe ich meinen
Schwierigkeitsgrad auf ganz leicht ge-
stellt, sonst müsste ich jetzt auch noch
gangschalten und das wäre nicht wirklich
ideal: Da ich immer wieder in die Wiese
abdrifte bin ich mehr damit beschäftigt,
den Rennwagen auf der Strecke zu halten
als "elegant" und effizient durch die
Kurven zu düsen. Das Qalifying geht nur
über eine Runde, dadurch dass ich aber
gut dreimal aus der Bahn geflogen bin
ist meine Zeit eher mäßig. Ich muss aus
dem Mittelfeld starten. Egal. Fürs erste
Mal ist das schon in Ordnung. Jetzt aber
los, jetzt weiß ich wie's geht...

Rot-Gelb-Grün! Go go go ! Wie der leib-
haftige Teufel ziehe ich an meinen Kon-
kurrenten vorbei, mache viele Plätze gut
und bin mittendrin im Kampf um die Pole.
Sehr praktisch dabei: Ein Rückspiegel,
der mir anzeigt, wie weit entfernt meine
Verfolger hinter mir sind und eine Art
Übersichtskarte im oberen Rand des Bild-
schirms, der die Strecke aus der Vogel-
perspektive zeigt. Der gelbe Punkt bin
ich, die weißen die Computergegner. Es
geht hart zur Sache, überhole, und werde
selber überholt. Kurz bevor ich die Füh-
rung übernehmen will verbremse ich mich
und lande im Kiesbett. Verflixt! Ich
versuche Anschluss zu halten, habe aber
nicht viel Zeit, denn das Rennen geht
nur über 3 Runden. Letztendlich gehe ich
als dritter ins Ziel. Ich bin etwas sau-
er auf mich selber, aber dieser Ärger
hält nur wenige Sekunden, schließlich
war es das erste Rennen überhaupt. Das
Programm wechselt wieder in den Lade-
bildschirm. Da ich nur ein Einzelrennen
gefahren bin erscheint nun eine Art End-
sequenz mit Siegerehrung und Sektdusche.
Ich bleibe dabei: Die Grafik ist der
totale Hammer! Wow! Wow! Wow! Das macht
irre Spaß! Ich beschließe, gleich weiter
zu spielen, dieses Mal bin ich mutiger
und starte gleich in die Saison. Beson-
ders motivierend: Spielstände können ab-
gespeichert werden, d.h. man kann dann
jederzeit an einem anderen Tag weiter
spielen. Das nenne ich doch endlich mal
ein ausgereiftes Spiel. Wäre da nicht
immer dieses schreckliche RATATATATA...
Was soll ich sagen? Und wieder sitze ich
vor dem Bildschirm, vor einem schwarzen
Bildschirm, vor einem blinkenden Lauf-
werk. Es ist still im Haus, nur meine
Wanduhr tickt vor sich hin. Tick tack,
tick tack. Manno!!! Ein vierter Ladever-
such endet bereits kurz nach der PAL/
NTSC-Auswahl, auch weitere Zig-Versuche
enden spätestens im Hauptmenü. Jetzt bin
ich endültig total genervt: Ich nehme
die Disk und schmeiße sie aus dem Fens-
ter. Ich bin stinksauer und wütend. Da
ich meinen Crack ebenso wie Martin nur
über Umwege bekam, habe ich kaum eine
Hoffnung auf eine bessere Kopie. Woher
nehmen? Und von meinen Kumpels besitzt
keiner eine Kopie. Und selber kaufen ist
nicht möglich. 50 DM sind einfach zu
viel für meinen Taschengeldbeutel (ich
bekomme gerade mal 15 DM im Monat, so
viel wie Martin). Ich rufe ihn also an
und berichte: "Meins geht leider auch
nicht. Schöner Reinfall. Komm, lass uns
auch zum Baden fahren...!"

Herbst 1990. Schüleraustausch mit dem
Partnergymnasium in Budweis/Tschechien.
Zwei Wochen weg von jeglicher "Zivili-
sation", weg vom Computer. Denkste!
Als wir in der zweiten Woche in einem
Nebenraum der Schule Computer stehen
sehen denken wir zunächst nur: Bah,
nur olle 286/386er. Aber als Martin ganz
begeistert in einem Unterverzeichnis der
Festplatte eine Datei namens GPC findet
und startet und voller Freude schreit
"Geil. GRAND PRIX CIRCUIT!" ist es um
uns geschehen. Gut, nur mit Tastatur,
ohne Sound und nur in S/W spielen zu
können ist nicht gerade ein Genuss. Aber
das ist uns SCHEI**EGAL! Wichtig ist uns
nur: KEIN RATATATATATATATATATATATATA...

Nach unserer Heimkehr nach Deutschland
sollte es noch ein paar Monate dauern
bis ich wieder eine Kopie von GRAND PRIX
CIRCUIT in Händen halten sollte und die
diesmal funktionierte. Wenn ich heute
GRAND PRIX CIRCUIT spiele muss ich immer
wieder mit Schmunzeln an das RATATATATA
denken und an dieses Erlebnis in Budweis
mit den Steinzeit-PCs. Mann, was waren
das doch damals für schöne Zeiten...

ZUM SPIEL
Die Rennstrecken sind die der Saison
1988. Natürlich etwas vereinfacht und
teilweise verdreht (Speichermangel ?)
und evtl. nicht sofort erkennbar. Das
Spiel benennt die Rennstrecken auch nur
nach ihren Ländern, nicht nach ihren
Namen. So heißt es nur lapidar eben
Brazil, Monaco, Canada, USA, England,
Germany, Italy und Japan. Richtig wäre:
Brazil  - Autodromo Int. Nelson Piquet
          (Rio de Janeiro)
Monaco  - Circuit de Monaco
Canada  - Circuit Gilles Villeneuve
         (Montreal)
USA     - Detroit Grand Prix Circuit
England - Silverstone Circuit
Germany - Hockenheimring
Italy   - Autodromo Nazionale Monza
Japan   - Suzuka International Racing
          Course

Der Realitätsgrad ist am C64 enorm hoch.
Wer gewinnen will, sollte schon etwas
drauf haben. Das Auto ist, je nach Typ,
nicht immer leicht zu steuern, bremsen
und Gas geben zur rechten Zeit sind sehr
wichtig und realistisch umgesetzt. Wer
"schläft" wird bestraft und landet im
Kiesbett bzw. in der Wiese. Auch Rempler
werden bestraft, ein Beschädigungsbalken
über den Lenkrad zeigt an, wenn das Auto
kurz davor steht reif für den "Antrag
für die Verschrottungsprämie" zu sein.
Wer also anfangs damit große Probleme
hat, sollte am besten erst einmal ein
Einzelrennen in Italien mit dem Ferrari
oder Williams fahren.

Die Fahrzeuge selber scheinen sich
zunächst nur in der Max-Geschwindigkeit
zu unterscheiden. Der Bolide von McLaren
ist zwar der schnellste (225 mph), hat
aber eine relativ schwere Steuerung. Der
Ferrari ist vom Speed her leider der
langsamste (206 mph), ist aber total
einfach und sicher zu fahren. Das Renn-
auto von Williams ist von der Geschwin-
digkeit zwischen McLaren und Ferrari an-
zusiedeln, und ist auch sonst am ausge-
glichesten. Man kann also sagen: Ferrari
für Anfänger, Williams für Fortgeschrit-
tene und McLaren für absolute Profis (je
nachdem, welchen Schwierigkeitsgrad man
selber wählt). So gesehen lässt GRAND
PRIX CIRCUIT genügend Spielraum für alle
Spielerarten, weil man genug Möglichkei-
ten hat, die Schwere zu bestimmen.
SONSTIGES
Die Authentizität zur realen Formel 1 -
Welt ist durchaus gegeben. Natürlich
fehlen die richtigen Fahrernamen (feh-
lende Lizenz?), auch die Rennstrecken
sind vereinfacht dargestellt. Detroit
war aber 1989 nicht mehr Bestandteil
der Saison, auch die Motorenangaben
entsprechen nicht wirklich den realen
Daten der Boliden der Saison von 1988.
Aber der Spielspaß wird deswegen kein
bisschen getrübt. Ganz im Gegenteil:
Das Formel 1 - Feeling packt einem von
Anfang an, die schönen Grafiken und
Sounds sind richtig stark programmiert
und abgerundet wird alles mit einer
benutzerfreundlichen Menüsteuerung, die
das Speichern des Spielstands ermöglicht
und die abwechslungsreichen Spielmodi
(auf Zeit, Einzelrennen oder Saison).
Dass man noch dazu selber entscheiden
kann, wie gnadenlos schwer oder leicht
der Computergegner sein soll, erhöht die
Motivation enorm. So gesehen ist GRAND
PRIC CIRCUIT in der Tat die beste Renn-
simulation, die es je am C64 gegeben hat
und jeder, der gerne Rennsimulationen am
C64 spielt wird immer wieder bei diesem
Spiel hängen bleiben. Besonders erfreu-
lich: GRAND PRIX CIRCUIT am Amiga ist
total schrecklich, kaum Spielbar. Miese
Grafik, mieser Sound, mieses Gameplay.
Am PC ist es schon besser umgesetzt, das
fesselt schon eher, obwohl die Steuerung
mit Tastatur nicht das meine ist. Daher
kann ich mich nur wiederholen: Es gibt
einfach Spiele am C64, die sind einfach
unschlagbar - und GRAND PRIX CIRCUIT
gehört definitiv dazu. Und mal ehrlich:
Warum am PC spielen, wenn man einen C64
sein eigen nennt...?

Firma:   Accolade
Jahr:    1989
Spieler: 1
Genre:   Formel 1 - Rennsimulation
Quelle:  www.c64games.de
                                (Spider)
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