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WIE DER COMMODORE 64 WIE DER COMMODORE 64 BOLIVIEN RETTETE BOLIVIEN RETTETE -> ->
Bolivien verfolgte über Jahrzehnte wie auch andere lateinamerikanische Staaten die Politik Haushaltsdefizite durch den Druck von immer mehr Geld auszugleichen. Dies führte letztendlich dazu, dass Bolivien zwischen den Jahren 1983 bis 1985 fast vor dem Staatsbankrott stand. Die Preise explodierten und der Peso verlor rasant an Wert. Die Hyperinfla_ tion betrug dabei bis zu 23000 Prozent im Jahr! Als im August 1985 nach dem Sturz der Militärdiktatur eine neue Regierung
unter dem achzigjährigen Präsidenten Victor Paz Estenssoro die Macht erlangte, musste schnell und radikal gehandelt werden, da die finanziellen Probleme das Land zu erdrücken drohten. Das Staatsoberhaupt startete eine ge_ heime Initiative mit dem Ziel innerhalb von maximal drei Wochen einen Rettungs_ plan zur Bekämpfung der Krise zu finden. Dazu wurden eiligst mehrere Experten aus dem In_ und Ausland eingeladen sich daran zu beteiligen. Unter ihnen war auch der junge Ökonom Juan Cariaga, der
mit Hilfe eines Commodore 64 in einer Rekordzeit von 20 Tagen eine Lösung präsentieren würde. Der spätere Finanzminister und Weltbank_ präsident Cariaga entwickelte auf einen Commodore 64 mit Datasettenrekorder ein BASIC Programm, das die Einnahmen und Ausgaben des Staates analysieren konnte. An Hand dessen konnte man herausfinden welche makro_ökonomischen "Stellschrau_ ben" verändert werden mussten. Sein Beitrag war daran beteiligt, dass
binnen kürzester Zeit die Inflation auf 60 Prozent sank und ein finanzieller Kollaps noch abgewendet werden konnte. Dieser Erfolg erregte in der ganzen Welt Aufmerksamkeit. Es sollte jedoch noch ein volles Jahrzehnt andauern bis mit Hilfe dieses Wirtschaftsplan die Inflation auf ein stabiles Maß unter 10 Prozent sank. Cariaga erinnerte sich Jahre später in einen Interview gegenüber der argenti_ nischen Zeitung K_64, dass er die immensen Ergebnisse seines Programms vom
Fernseher abschreiben musste, da er keinen Drucker besaß. Die Anschaffung eines Druckers hätte eventuell das Projekt verraten können und damit Spekulanten auf den Plan gerufen. Bereits nach sieben Tagen konnte er mit seinen Commodore 64 den kompletten Geld_ transfer des Landes analysieren. Die Implementierung resümierte Cariaga, war extrem mühsam, aber am Ende war er auch äußerst überrascht festzustellen, dass er eigentlich das kommerzielle Programm Lotus von Grund auf nachprogrammiert hatte.
Sein BWL_Studium absolvierte Cariaga von 1966 bis 1971 an der renommierten Harvard Universität in den Vereinigten Staaten. Zu jener Zeit entwickelte dort Professor Kemeny eine einfach zu erler_ nende Programmiersprache namens BASIC (Anm.: Nein, Microsoft hat sie nicht erfunden). Seitdem hatte Cariaga nicht mehr mit BASIC gearbeitet. Kemeny prognostizierte damals, dass innerhalb der nächsten zwanzig Jahre der Computer in jeden Haushalt stehen würde. Daran erinnert kaufte Cariaga
seinen kleinen Sohn während eines späteren Aufenthalts in den U.S.A. für ungefähr 200$ einen Commodore 64 samt Datasettenrekorder. Die Leistung des Commodores hatte die Leistung der uni_ versitären Mainframe_Rechner aus seiner Studienzeit schon überholt. Das Neue war wohl, dass ein Computer erfolgreich als Planungswerkzeug zur schnellen Bekämpfung der Hyperinflation eingesetzt werden konnte. Bolivien schlug damit unter der neuen Regierung einen neo_liberalen Kurs ein, indem es
z.B. die Preise liberalisierte und eine strikte Haushaltsplanung einführte. Es folgte auch eine Privatisierung der Staatsunternehmen, wie man es ja auch hier beobachten konnte. Ob sich die Bolivianer noch an den Commodore 64 erinnern, der dabei half das Land vor einen Wirtschaftscrash zu bewahren? Wer weiss, vielleicht steht jener schicksalhafte Computer in einen Museum mit der Aufschrift: "SALVO A BOLIVIA" "SALVO A BOLIVIA" nyquist