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From C64 Diskmag Wiki
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX XXXX LESERHISTORY XXXX XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX von WINTERMUTE
Nach der Trennung meiner Eltern ging ich im Alter von 7 Jahren mit meiner Mutter nach West-Berlin. Meinen Vater besuchte ich ab dann jedes zweite Wochenende in Hannover. Bei den regelmäßigen zwischenzeitlichen Telefonaten erzählte er mir einmal, dass er sich einen Computer zugelegt hatte (einen nagelneuen C64-II + den Luxus ei- nes 1541c Diskettenlaufwerks). Mit ihm könne man sogar ein richtiges Flugzeug, eine Piper 181 Cherokee Archer, fliegen. Mit allen Instrumenten und den Proble- men, die es damit gibt. Er hätte auch
Karten, wo er richtigen Instrumenten- Flug machen kann. Unvorstellbar! Beim nächsten Besuch konnte ich mit Sub Logics Flugsimulator II selbst einen Landeanflug probieren. Wahnsinn! Die Grafik war super realistisch: Wet- terbedingungen wurden simuliert, die In- strumente zeigten alle echte Werte an und in der Nähe des Flughafens stand auch ein Wolkenkratzer, der gleich erst- mal umflogen und dann gerammt wurde. Die Faszination für Informatik entbrann- te bei mir sofort: In der Schule hatte
ich schon große Freude an Physik und Elektronik und es beeindruckte mich, welch unzählige interdisziplinäre Ent- wicklungen in so einem Computer steck- ten: die Chemie, die für die Realisie- rung einer Diskette und den anderen Kunststoffen notwendig war, die Mecha- nik, mit der ein Diskettenlaufwerk funk- tionierte, die Elektronik, die im Compu- ter selbst, in den Netzteilen und im Diskettenlaufwerk steckte. Und nicht zu verschweigen die Informa- tik, die dem Computer Betriebssystem, die freundliche Programmiersprache BASIC und die unzähligen bunten Programme
brachte. Dem Computer Befehle zu geben, die er dann (na gut, anfangs nur manch- mal) ausführte, faszinierte mich um so mehr. Nachdem die ersten Spiele aufgetrieben waren, verbrachte ich an den Wochenenden dann schon mehr Zeit mit dem C64 als mit meinem Vater, der sich auch schon zu be- schweren begann. Irgendwann kaufte sich mein Vater einen Atari 1040 ST und der C64 gehörte fortan mir. Ich konnte es kaum abwarten, den C64 nach Berlin mitzunehmen.
Unglücklicherweise gab es zu dieser Zeit einen Anruf meiner Klassenlehrerin bei meiner Mutter, dass das Bestehen des Probehalbjahres am Gymnasium gefährdet sei. So wurde angeordnet, dass der C64 noch ein Jahr in Hannover zu bleiben habe und die Priorität bei diversen Nachhilfekur- sen zu liegen habe. In dieser Zeit verschlang ich jede Aus- gabe der Zeitschriften "64'er" und "Hap- py Computer". An den Wochenenden in Han- nover konnte ich den C64 aber nach wie vor nutzen. Ich programmierte ein klei-
nes Spiel in BASIC und machte ein paar Gehversuche in Assembler. Nachdem das Probehalbjahr bestanden war und sich die Noten im gewünschten Rahmen befanden, konnte der C64 endlich nach Berlin. Hier nutzte ich ihn mit GEOS auch zum Schreiben von Referaten und erfreute mich an zahlreichen Automaten- umsetzungen wie z.B. Thunder Blade, Out- run und Afterburner. Als der Informatikunterricht bevorstand, wich der C64 einem 286'er AT mit Turbo Pascal 5.0. Durch die Wende hatte er im- mer noch einen guten Wert und konnte mir
so einen letzten Dienst zur Mitfinanzie- rung des teuren Personal Computers er- weisen. Später baute ich zahlreiche PCs für Freunde und Bekannte zusammen. Hierbei nahm ich noch den einen oder anderen C64 und C128 in Zahlung. So hatte ich auch später immer noch Einblick in die 64er Szene. Es war überraschend, was später alles noch für Entwicklungen auf dem nun 10 Jahre alten 8 Bitter erschienen. Während ein PC für mich immer ein Ge- brauchsgegenstand war, war der "Immer Ready-C64" fast schon ein guter Freund.
Mittlerweile habe ich eine Sammlung von zehn C64 in den verschiedensten Ausfüh- rungen. Durchstöbert man heute die alten 64'er Zeitschriften verwundert es schon, dass man informationstechnisch damals eigentlich schon alles mit diesen 64 Ki- lobyte, 1 MHz System machen konnte und wozu man eigentlich für das bißchen mehr an Funktionalität heutiger Systeme un- zählige Gigahertz, Gigabyte und vor al- lem kWh mehr braucht. WINTERMUTE _